Ausgabe 15/16 - 1998berliner stadtzeitung
scheinschlag

Diese Ausgabe

Inhaltsverzeichnis


Zur Homepage

Pest oder Cholera?

Zwei Parteien zur Wahl. Lesen Sie zunächst einen Beitrag der SBZ (Sozial-bürgerbewegtes Zentrum):

Hallo, meine Damen und Herren, liebe Freunde innen und außen.

Am 27. September ist wieder Bundestagswahl. Wie wär´s, wenn Sie Ihre Stimme uns geben würden, dem sozial-bürgerbewegten Zentrum. - Warum?

Wenn die Wirtschaft weiter expandiert

Die Ertragslage sich stabilisiert / (auf hohem Niveau) / Sind doch alle froh.

Doch was ist mit den Menschen?

Immer wieder spreche ich mit den Menschen; ob klein, ob groß; ob alt, ob jung; ob schwarz, ob weiß; ob arm, ob reich; ob Frau, ob Mann; ob Ost, ob West; und immer wieder gehe ich in die Betriebe und stelle fest: Da ist einer (der Chef), dem gehört alles. Aber könnte es nicht auch umgekehrt sein?: Nicht einem gehört alles, sondern alles gehört einem?!

80% Prozent der einheimischen Wasserski-Produktion liegt in Händen von nur drei Familien. Und bei Handfegern sieht es genauso aus.

Da darf man sich nicht wundern, wenn wir, die Freunde staubiger Bücher und rostiger Schreibmaschinen, die Strickjacke hochkrempeln und sagen: Nein, nein, nein, lass uns erst mal ´n Tee trinken.

Wählen Sie die SBZ, das sozial-bürgerbewegte Zentrum, damit sich hier einiges ändert. - Die guten Sachen aber bleiben, wie sie sind.

Als nächstes ein Interview mit Heinz Petersen, Biologe, und bis vor kurzem Wahlkampfleiter der Grünen. Einen großen Topf Basilikum hat er uns mitgebracht.

Scheinschlag: 5 Mark für den Liter Benzin, Tempo 100 auf der Autobahn und freie Kindergartenplätze für pädophile Erzieher: Das sind umstrittene Forderungen... Sind Sie deshalb gefeuert worden?

Petersen: Keineswegs, die Forderungen sind richtig, davon bin ich nach wie vor überzeugt, vor allem seit meiner Entdeckung im Frühjahr.

Scheinschlag: Dies ist auch der Grund, warum Sie mittlerweile Sprecher der Pflanzen in der Programmkommission der Grünen sind.

Petersen: Genau. - (er zeigt ein elektronisches Gerät) Mit Hilfe dieser Erfindung ist es mir erstmals möglich, direkt mit den Pflanzen zu sprechen.

Scheinschlag: Ein alter Menschheitstraum, der da in Erfüllung geht.

Petersen: Ich steck den Meßfühler einfach in den Mutterboden und schließe hier oben den Kontakt. Sehen Sie, schon spreche ich mit den Pflanzen.

Scheinschlag: (skeptisch) Ach. Und was sagen sie so?

Petersen: Wollen Sie es selbst einmal versuchen? Stellen Sie dem Basilikum eine Frage.

Scheinschlag: (zögernd zum Küchenkraut) Hallo, wir geht es dir?

Petersen: Mir ist kalt. Hier ist zu dunkel. Ich habe Durst.

Scheinschlag: (begeistert) Das ist ja phantastisch. Was sind nun aber die politischen Forderungen der Pflanzen?

Petersen: Sie haben es vorhin schon genannt: Tempo 100 auf Autobahnen, Tempo 80 auf Landstraßen, Tempo 50 in der Stadt, Tempo 30 in Wohngebieten, Tempo 5 in verkehrsberuhigten Zonen. Wenn alle stehen bleiben und Wurzeln schlagen, dann ist es gut.

Scheinschlag: Und, denken alle Pflanzen so wie dieser Basilikum?

Petersen: Ach, die meisten Pflanzen sind doch völlig unpolitisch. Dieser Basilikum aber ist herumgekommen, der weiß Bescheid.

Scheinschlag: (rupft ein Blatt ab und ißt es) Mir scheint er ein wenig verbittert.

Petersen: Aber was machen Sie denn da! Lassen Sie das. Wie würde es Ihnen gefallen, wenn ich Ihnen ein Ohr abreiße und durchkaue?

Scheinschlag: Eine letzte Frage: Essen Sie noch Pflanzen?

Petersen: Nur genmanipulierte Pflanzen. Die sind meiner Meinung nach lebensunwert und können problemlos verspeist werden.

Scheinschlag: Vielen Dank.

Hans Duschke

Bov Bjerg empfiehlt: Verrate niemandem, wen du wählst. Denn es gilt das Wahlgeheimnis..

© scheinschlag 2000
Inhalt dieser Ausgabe | Home | Aktuelle Ausgabe | Archiv | Sitemap | E-Mail

  Ausgabe 15/16 - 1998